Raus aus dem stillen Kämmerlein heißt nicht nur, Kolleg*innen zu treffen und sich fortzubilden. Es bedeutet auch, unseren Berufsstand sichtbar zu machen und mit öffentlichen Auftritten die Wahrnehmung dafür zu schärfen, dass viele Bücher gar nicht original auf Deutsch geschrieben wurden. Sehr viele sogar. Genauer gesagt waren es im Jahr 2021 mehr als 13 % der Erstauflagen, fast 9000 Titel. Die wurden alle übersetzt. Und davon zu erzählen und den Leser*innen zu erklären, wie so etwas (vor sich) geht, vor welche Probleme uns mancher Text stellt und wie wir damit umgehen, ist nicht nur wichtig, sondern es macht auch richtig großen Spaß.
Als das Münchner Übersetzer-Forum (MÜF) anfragte, ob ich gemeinsam mit meiner Kollegin Julia Gschwilm eine Veranstaltung zum Thema „Schweden übersetzen“ machen wolle, war die Freude – wen wundert’s - groß. Wann erhält man als Übersetzerin schon die Gelegenheit, im wunderschönen Münchner Literaturhaus zu sprechen, vor einem sehr aufgeschlossenen und auch fachkundigen Publikum?
So legten wir uns ins Zeug und erzählten einen Abend lang von schwedischen Sitten und Unsitten, von deutschen Unsitten beim Marketing für den deutschen Buchmarkt, auf dem besonders die Krimis stark gelabelt werden, und gaben Kostproben von alten und neuen schwedischen Romanen und Kinderbüchern, die wir für sehr lesenswert halten. Natürlich kam auch die Sprache „zur Sprache“, welche Strukturen im Schwedischen anders sind als im Deutschen, was Schwedisch besser kann, was weniger gut. Dass die Anrede „du“ in den nordischen Sprachen z. B. üblich ist und im Regelfall nicht gesiezt wird, haben viele schon einmal gehört. Aber wenn mein Protagonist im Text gar keinen Nachnamen hat? Schon manchen Autor bzw. Autorin musste ich erst einmal um einen eben solchen bitten. Wohlgemerkt um einen Nachnamen, den es dann also (erst mal) nur in der deutschen Fassung gibt! Und so könnte ich noch vieles aufzählen, was wir beim Übersetzen aus dem Schwedischen zu beachten haben. Mit dem interessierten und trotz der Julihitze sehr konzentrierten Publikum kamen wir immer wieder ins Gespräch. Kurzum: Es war ein Mordsspaß.
Fazit: So ein Abend, der uns rausholt aufs Podium und dem Literaturübersetzen eine Bühne verschafft, tut gut und erweitert den Horizont. Lange habe ich selbst nicht so viele schwedische Bücher gelesen wie während der Vorbereitung dieses Abends. Danke, lieber MÜF für diese wunderbare Einladung!
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